Bild Interior von einem autonomen Mercedes

Autonomes Fahren: Mercedes-Benz als Branchenführer und Teslas 'Hype'

Die Entwicklung der automobilen Rechnerarchitektur

Beginnen wir mit dem Kern dieser Transformation – der zentralisierten Rechnerarchitektur in Autos. Erinnerst du dich an die Zeiten, als Autos nur mechanische Ungetüme mit ein paar elektronischen Spielereien waren? Nun, diese Zeiten sind längst vorbei. In den frühen 2000er Jahren basierten Fahrzeuge auf verteilten Systemen, bei denen jede Funktion, wie Antrieb oder Infotainment, ihr eigenes kleines Gehirn (ECU) hatte. Diese Systeme kommunizierten kaum miteinander, und wenn doch, war es oft umständlich und begrenzt. Im Jahr 2024 sehen wir einen deutlichen Trend hin zu zentralisierten Architekturen, die als Grundlage für fortschrittliche autonome Fahrtechnologien dienen, wie sie von Mercedes-Benz und Tesla entwickelt werden. Während Mercedes-Benz mit dem Drive Pilot Level 3 auf präzise Genauigkeit setzt, hat Tesla mit seinem Vision-Only Ansatz und dem Hype um das Full-Self Driving die Aufmerksamkeit der Branche erregt.

Heute hat sich vieles drastisch verändert. Moderne Fahrzeuge sind viel zentralisierter. Stell es dir vor wie den Übergang von einem kleinen Dorf aus unabhängigen Häusern zu einer pulsierenden Stadt mit einem zentralen Knotenpunkt, der alles verbindet. Diese "Stadt" nennen wir eine zentralisierte Architektur, bei der einige wenige leistungsstarke Domain-Controller und zentrale Gateways den Großteil der Fahrzeugoperationen verwalten. Aber was wirklich aufregend ist, ist, wohin wir gehen: Bis 2030 werden wir wahrscheinlich vollständig zentralisierte Fahrzeugarchitekturen sehen, bei denen ein einziger Zentralrechner alles steuert. Das ist nicht nur coole Tech-Sprache – es ist das, was echtes autonomes Fahren möglich machen wird, bei dem Autos denken, reagieren und sogar lernen können, ohne dass menschliches Eingreifen erforderlich ist.

Mercedes-Benz: Der Perfektionist beim Thema Autonomie

Mercedes-Benz ist bekannt für seine Präzisionsingenieurskunst, und ihr Ansatz beim autonomen Fahren ist da keine Ausnahme. Sie verfolgen einen methodischen, sicherheitsorientierten Ansatz, bei dem jeder Schritt nach vorne durch rigorose Tests gestützt wird. Im Jahr 2021 belegte Mercedes-Benz den ersten Platz in der Gesamtbewertung der Autonomiebereitschaft und erzielte drei Jahre in Folge den höchsten Autonomie-Score nach den Kriterien von SBD. Ihr Fokus auf die Bereitstellung einer breiten Palette von Level 1 und Level 2 Funktionen über ihre gesamte Modellpalette hinweg, unterstützt durch robuste Sensorfusion, unterstreicht ihr Engagement für Präzision und Sicherheit.

Strategischer Ansatz: Ein sicherer und stetiger Aufstieg

Ihre ADAS (Advanced Driver Assistance Systems) Angebote sind ein Ingenieurtraum (entschuldige den Ausdruck) und gehören derzeit zu den umfassendsten, insbesondere in den L1- und L2-Kategorien. Diese Systeme umfassen Funktionen, die durch die Sensorfusion von Radar- und Stereo-Vision-Kameras ermöglicht werden und fortschrittliche Funktionen wie Nachtsehhilfe bieten, die eine Kombination aus Nah- und Ferninfrarotsystemen nutzen.

Ihr L3-System, das unter dem Namen "Drive Pilot" 2021 auf den S-Klasse und EQS Modellen eingeführt wurde, ist ein Game-Changer in der Branche. Zunächst in Deutschland verfügbar, kann der Drive Pilot unter bestimmten Bedingungen wie auf Autobahnen die vollständige Fahrverantwortung übernehmen, sodass du dich entspannen und das Auto die Arbeit machen lassen kannst. Dieses System wird von einer Reihe von Sensoren unterstützt, darunter Radar, Lidar, Kameras und Ultraschallsensoren, die eine 3D-Karte der Umgebung des Fahrzeugs erstellen.

Aber Mercedes-Benz bleibt nicht stehen. Sie investieren stark in Forschung und Partnerschaften, wie ihre Zusammenarbeit mit Bosch, um bis 2026 Level 4 Autonomie zu erreichen. In diesem Stadium werden Fahrzeuge in der Lage sein, fast alle Fahraufgaben selbständig zu übernehmen, was die Grenzen des autonomen Fahrens weiter ausdehnt.

Über Personenkraftwagen hinaus: Eine umfassendere Vision für die Autonomie

Die Vision von Mercedes-Benz für die Autonomie geht weit über Personenkraftwagen hinaus und umfasst sowohl Personen- als auch Güterverkehrsdienste. Zum Beispiel zeigte ihr Future Bus mit CityPilot, der 2016 in Amsterdam getestet wurde, ihr Engagement für die Revolutionierung des öffentlichen Verkehrs. Dieser Bus, ausgestattet mit Lang- und Kurzstreckenradar, Kameras und GPS-Navigationssystemen, kann zwischen herkömmlichen und BRT (Bus Rapid Transit) Routen unterscheiden, die für das automatisierte Fahren geeignet sind. Der Future Bus stellt einen bedeutenden Fortschritt im autonomen öffentlichen Verkehr dar, mit Plänen für weitere Entwicklungen und Expansionen in den kommenden Jahren.

Im Bereich autonomer Taxis führt Mercedes-Benz Pilotprogramme in Zusammenarbeit mit Bosch durch. Ein bemerkenswertes Beispiel ist das selbstfahrende Ride-Hailing-Mobilitätspilotprojekt mit S-Klasse Taxis in San Jose, USA. Diese Fahrzeuge fahren auf festen Routen mit Sicherheitstreibern an Bord und nutzen Lidar, Stereo-Vision-Kameras und Radar für die Erfassung. Ziel ist es, serienreife SAE Level 4 und Level 5 autonome Mobilitätsdienste zu entwickeln, mit Plänen zur Expansion in Europa und Japan.

Mercedes-Benz macht auch Fortschritte im Bereich der Warenlieferdienste. 2016 stellten sie das "Mothership"-Konzept vor, bei dem Sprinter-Vans verwendet werden, um Starship-Lieferfahrzeuge für die letzte Meile zur Lieferung von Waren und Paketen an Endkunden zu transportieren. Dieses System, das zunächst in Europa getestet wurde, zielt darauf ab, die Effizienz und Geschwindigkeit der urbanen Logistik zu verbessern. Darüber hinaus wurde der Freightliner Inspiration Truck, der 2015 eingeführt wurde, zum ersten lizenzierten autonomen Nutzfahrzeug in den USA. Mercedes-Benz hat diese Technologie weiterentwickelt und testet unter anderem einen Freightliner Cascadia Sattelzug mit Stereo-Kameras, Lang- und Kurzstreckenradar und V2V (Vehicle-to-Vehicle) Platooning-Funktionen.

Autonomes Fahren mit Mercedes-Benz

Tesla: Der mutige Innovator, der auf Vision setzt

Auf der anderen Seite steht Tesla, der Außenseiter der Automobilwelt. Wir bei EV-Global sind der Meinung, dass sie wahrscheinlich mehr Hype als technische Kompetenz hinter ihren aktuellen Angeboten haben (relativ gesehen, versteht sich). Aber sie haben schon immer Dinge anders gemacht, und ihr Ansatz zur Autonomie ist da keine Ausnahme. Teslas Strategie ist kühn – manche würden sogar sagen riskant – aber es lässt sich nicht leugnen, dass sie die gesamte Branche auf eine Weise vorantreiben, wie es sonst niemand tut.

Teslas strategischer Ansatz: Alles auf Vision setzen

Das Full-Self Driving (FSD) System von Tesla ist ihr Kronjuwel, und es ist anders als alles andere auf dem Markt. Anstatt auf eine Mischung aus Sensoren wie Radar und Lidar zu setzen, hat Tesla alles auf Kameras und visuelle Systeme gesetzt. Die Philosophie dahinter ist einfach: Wenn Menschen nur mit ihren Augen fahren können, warum sollte es ein Auto nicht können? Natürlich ist es ein bisschen komplizierter als das, aber die Idee ist, ein System zu schaffen, das lernen und sich anpassen kann, ähnlich wie ein menschlicher Fahrer.

Teslas FSD Beta, die erstmals 2020 eingeführt wurde, ist ein lebendiges Beispiel für diese Strategie in Aktion. Anders als herkömmliche Automobilhersteller, die alle paar Jahre große Updates herausbringen, behandelt Tesla FSD als ein ständig weiterentwickelndes Produkt. Sie veröffentlichen regelmäßig Updates, die auf realen Daten basieren, um das System zu optimieren und zu verbessern. Dieser iterative Ansatz hat es Tesla ermöglicht, in kurzer Zeit erhebliche Fortschritte zu machen. Zum Beispiel war der Übergang zu einem reinen Vision-System in der Beta v9.0 im Jahr 2021 ein großer Wandel. Anfangs gab es einige Schwierigkeiten, wie Probleme bei der Erkennung bestimmter Hindernisse, aber Tesla hat sich schnell angepasst, und die neuesten Updates zeigen deutliche Verbesserungen in Bereichen wie der Navigation in der Stadt, dem Umgang mit ungeschützten Abbiegevorgängen und sogar der Erkennung von Fußgängern und Radfahrern.

Teslas Vision über Personenkraftwagen hinaus

Teslas Ambitionen beschränken sich nicht nur auf Personenkraftwagen. Der Tesla Semi zum Beispiel soll die Transportbranche revolutionieren. Dieser vollelektrische Lkw der Klasse 8 wird die autonome Fahrtechnik von Tesla nutzen, um Langstrecken-Selbstfahrfunktionen anzubieten. Es geht dabei nicht nur um die Reduzierung von Emissionen; es geht darum, den Gütertransport effizienter und sicherer zu machen. Dann gibt es das Tesla-Netzwerk, eine geplante Flotte autonomer Ride-Hailing-Fahrzeuge. Stell dir eine Welt vor, in der du mit deinem Smartphone ein Tesla herbeirufen kannst, das ohne Fahrer an deiner Tür ankommt und dich überallhin bringt, wo du hinmöchtest. Das ist die Zukunft, die Tesla anstrebt.

Strategische Trends, die die Zukunft des autonomen Fahrens prägen

Während Mercedes-Benz und Tesla ihre Wege zur vollen Autonomie beschreiten, zeichnen sich mehrere breitere Trends ab, die die Zukunft der Branche prägen werden:

Echtzeit-Mapping vs. HD-Karten

Tesla ist Vorreiter bei der Nutzung von Echtzeit-Mapping durch seine kamerabasierten Systeme. Dies ermöglicht es Tesla-Fahrzeugen, sich spontan an sich ändernde Straßenbedingungen anzupassen, was besonders in unbekanntem Terrain von Vorteil ist. Allerdings erfordert dieser Ansatz erhebliche Rechenleistung und kontinuierliche Datenverarbeitung.

Auf der anderen Seite setzen Unternehmen wie Mercedes-Benz auf HD-Karten, die detaillierte, vorab geladene Informationen über Straßenumgebungen liefern. Dies bietet eine zuverlässige, stabile Grundlage für autonomes Fahren, ist jedoch möglicherweise nicht so anpassungsfähig wie Echtzeitsysteme.

Triple Redundancy vs. Vision-Only

Die Debatte zwischen Teslas Vision-Only-System und dem Triple-Redundancy-Ansatz anderer Automobilhersteller, wie Mercedes-Benz, ist eines der am heißesten diskutierten Themen der Branche. Triple Redundancy, das Kameras, Radar und Lidar kombiniert, bietet mehrere Sicherheitsschichten und stellt sicher, dass, wenn ein System ausfällt, andere die Lücke schließen können. Dieser Ansatz wird als konservativer, aber auch zuverlässiger angesehen.

Teslas Vision-Only-Ansatz ist innovativ und hat das Potenzial, das Fahrzeugdesign zu vereinfachen und die Kosten zu senken. Es ist jedoch auch anfälliger für Herausforderungen bei schlechten Bedingungen, wie Nebel oder starkem Regen, bei denen Kameras allein möglicherweise Schwierigkeiten haben.

Zentralisierte Rechnerarchitekturen

Sowohl Tesla als auch Mercedes-Benz bewegen sich in Richtung zentralisierter Rechnerarchitekturen, jedoch mit leicht unterschiedlichen Endzielen. Teslas Architektur ist darauf ausgelegt, seinen aggressiven Software-Update-Zyklus zu unterstützen, der es dem Unternehmen ermöglicht, seine Algorithmen für autonomes Fahren kontinuierlich zu verfeinern und neue Funktionen hinzuzufügen. Dieser Ansatz ist sehr dynamisch, setzt aber auch großes Vertrauen in die Fähigkeit der Software, komplexe Fahraufgaben zu bewältigen.

Mercedes-Benz, das ebenfalls zentralisierte Architekturen umarmt, legt dabei jedoch einen stärkeren Schwerpunkt auf Sicherheit und Zuverlässigkeit. Ihre Systeme sind so konzipiert, dass selbst im Falle eines Ausfalls das Fahrzeug sicher weiterbetrieben werden kann. Dieser Ansatz ist konservativer, passt jedoch gut zu dem Ruf von Mercedes-Benz für Qualität und Sicherheit.

Regulatorische und ethische Überlegungen

Mit dem Fortschreiten der Technologie des autonomen Fahrens holen die Regulierungsbehörden weltweit auf. Der methodische Ansatz von Mercedes-Benz, der umfangreiche Tests und schrittweise Einführungen umfasst, passt gut zur aktuellen regulatorischen Landschaft. Sie arbeiten eng mit den Regulierungsbehörden zusammen, um sicherzustellen, dass ihre Systeme alle Sicherheitsstandards erfüllen, bevor sie auf die Straße kommen.

Tesla hingegen ist bekannt dafür, die Grenzen auszureizen. Ihre Entscheidung, die FSD-Beta einer ausgewählten Kundengruppe zur Verfügung zu stellen, hat Diskussionen über die Ethik von Tests autonomer Systeme in realen Bedingungen ausgelöst. Obwohl dieser Ansatz es Tesla ermöglicht, wertvolle Daten zu sammeln und ihre Systeme schnell zu verbessern, wirft er auch Fragen zur Sicherheit und Haftung auf.

EV-Global Urteil: Zwei Wege in der autonomen Landschaft

Also, wo stehen wir? Mercedes-Benz und Tesla repräsentieren zwei sehr unterschiedliche Visionen für die Zukunft des Fahrens. Mercedes-Benz geht den sicheren Weg – methodisch, sicherheitsorientiert und mit einem klaren, stetigen Pfad zur vollen Autonomie. Sie nutzen ihr ingenieurtechnisches Know-how und ihre tiefgehende Expertise in Sachen Fahrzeugsicherheit, um Systeme zu schaffen, die zuverlässig, robust und bereit für die reale Welt sind.

Tesla hingegen hat definitiv viel Hype, es ist der Herausforderer – kühn, innovativ und nicht bereit, sich an das Establishment zu halten. Wir bei EV-Global sind überzeugt, dass sie nicht annähernd auf dem Niveau von Mercedes-Benz sind, aber die Leute haben Tesla oft unterschätzt und sich geirrt. Unsere Gespräche mit Tesla-Experten haben ergeben, dass ein weiteres Fortschreiten im autonomen Fahren ohne LIDARs einfach unmöglich und an der Grenze zu Elon Musks Hybris ist. Aber sie haben uns schon oft eines Besseren belehrt. Teslas Ansatz dreht sich weniger darum, einen traditionellen Weg zu folgen, als vielmehr darum, einen völlig neuen Pfad zu beschreiten.

Während diese beiden Unternehmen weiterhin ihre Technologien entwickeln, wird die breitere Branche zweifellos von ihren Erfolgen und Misserfolgen beeinflusst werden. Das nächste Jahrzehnt wird entscheidend dafür sein, welcher Ansatz – Mercedes-Benz' vorsichtige Präzision oder Teslas kühne Innovation – sich letztendlich durchsetzen wird. Aber eines ist sicher: Die Zukunft des Fahrens wird sich für immer verändern, und es wird eine aufregende Fahrt, die von den Trends in der autonomen Fahrzeugindustrie 2024 geprägt sein wird.